BEHANDLUNGSFELDER KINDER

Late Talker
Late Talker erkennt man daran, dass sie im Alter von zwei Jahren noch über einen zu geringen aktiven Wortschatz verfügen. Während andere Kinder in diesem Alter bereits kleine Sätze aus zwei bis drei Wörtern formulieren, sprechen Late Talker erst wenige Wörter. Dieser sprachliche Rückstand kann nur in 30-50% der Fälle von selbst aufgeholt werden – ein unkontrolliertes Abwarten empfiehlt sich deshalb nicht.

Besser ist eine regelmäßige Kontrolle der Sprachentwicklung oder der Beginn einer Therapie, wenn vermehrt Risikofaktoren für eine Sprachentwicklungsstörung vorliegen (z.B. andere Familienmitglieder sind auch betroffen und/oder das Late-Talker-Kind hat nicht nur einen kleinen aktiven, sondern auch einen kleinen passiven Wortschatz (es versteht also nicht so viele Wörter wie andere 2-Jährige). Logopädische Arbeit bezieht in diesem Fall auch immer die Eltern mit ein, um sie in Hinblick auf ein sprachförderliches Verhalten zu beraten und unterstützen.

Sprachentwicklungsstörungen
Sprachentwicklungsstörungen haben sehr unterschiedliche Erscheinungsformen – abhängig vom Alter des Kindes und einer individuellen Ausprägung der Störung. Betroffen sein können die Aussprache, das Sprachverständnis, der Wortschatz, die Wortfindung sowie die Grammatik. Von einer Sprachentwicklungsstörung wird bei Kindern erst ab einem Alter von drei Jahren gesprochen. Logopädische Therapie ermöglicht hier eine Verbesserung oder Normalisierung der kommunikativen Fähigkeiten betroffener Kinder und kann so helfen, ungünstige Verläufe auch in anderen Entwicklungsbereichen zu verhindern oder abzumildern.

Artikulationsstörung
Eine Artikulationsstörung zeigt sich darin, dass ein Kind einen oder mehrere Laute nicht richtig aussprechen kann. Das bekannteste Erscheinungsbild ist der Sigmatismus (umgangssprachlich „Lispeln“).

Auch organische Ursachen wie z.B. eine Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte oder Hörminderungen können zu einer Beeinträchtigung der Artikulation führen.

Logopädische Therapie kann bei dieser Symptomatik helfen, die Aussprache und Verständlichkeit zu normalisieren oder zu verbessern.

Abweichende Entwicklung kindlicher Schluckmuster / Myofunktionelle Störung/

Orofaciale Dysfunktion
Leicht geöffnete Lippen, die Zunge zwischen den Zähnen zu sehen – so zeigt sich häufig das Erscheinungsbild von Kindern, die ein verändertes Schluckmuster aufweisen. Da die Zunge beim Schlucken nicht am Gaumen anliegt, sondern gegen die vordere Zahnreihe drückt, kann dies Zahnfehlstellungen zur Folge haben. Diese Kinder atmen in der Regel vorwiegend durch den Mund statt durch die Nase, was wiederum zu vermehrten Atemwegsinfekten führen kann. Logopädische Therapie unterstützt hier eine Normalisierung des Schluckmusters, fördert die physiologische Nasenatmung und hilft, Zahnfehlstellungen vorzubeugen bzw. im Rahmen einer kieferorthopädischen Behandlung zu normalisieren.

Zentral-auditive Verarbeitungsstörung
Bei Kindern mit einer zentral-auditiven Verarbeitungsstörung liegt keine Schädigung des Hörorgans vor. Obwohl sie hören können, sind sie nicht immer in der Lage, das Gehörte richtig zu erkennen, zu speichern oder zuzuordnen. Dadurch kommt es zu falschen Höreindrücken. So kann die auditive Aufmerksamkeit oder die Fähigkeit, die Richtung oder Entfernung des Gehörten einzuschätzen, beeinträchtigt sein. Auch die Unterscheidung unterschiedlicher Laute oder das Herausfiltern von Sprachlauten aus Störlärm kann Schwierigkeiten bereiten. Logopädische Therapie kann durch systematisches und wiederholtes Üben die zentral-auditiven Teilfunktionen optimieren und über das Angebot vielfältiger Strategien den Umgang mit verbleibenden Beeinträchtigungen erleichtern.

Störungen des Redeflusses
Stottern kann sich auf ganz unterschiedliche Weise äußern: Lautwiederholungen und  Lautdehnungen oder auch Blockaden können den Redefluss beeinträchtigen. Diese Redeflussstörungen können individuell sehr unterschiedlich stark ausgeprägt sein und in unterschiedlichen Gesprächssituationen variieren.

Zusätzlich kann eine erhöhte Aufmerksamkeit auf das eigene Sprechen und das Misslingen der Verbesserung neue, das Stottern begleitende Symptome zur Folge haben.

Diese Begleitsymptomatik kann sich z.B.in körperlicher Anstrengung, körperlichen Mitbewegungen und der Vermeidung schwieriger Wörter oder Gesprächssituationen zeigen.

In der logopädischen Therapie wird zum einen unmittelbar am Stottern selbst gearbeitet. Zum anderen werden Faktoren in den Blick genommen, die das Stottern beeinflussen, wie z.B. das Selbstvertrauen des Kindes oder die Art und Weise, wie im Gespräch mit ihm umgegangen wird. Dabei spielt Elternarbeit eine sehr wichtige Rolle.

Kindliche Stimmstörungen
Stimmstörungen sind klangliche Veränderungen oder Einschränkungen, die durch organische Veränderungen des Stimmorgans oder durch einen ungünstigen Gebrauch der Stimme entstehen können.

Bei Kindern treten diese häufig als sogenannte hyperfunktionelle Stimmstörungen auf. Das bedeutet, dass die beteiligten Muskeln übermäßig stark beansprucht sind und die Muskelspannung während der Stimmgebung erhöht (hyperton) ist. Dadurch kann ein heiserer, gepresster oder rauer Stimmklang entstehen. Logopädische Therapie kann Kinder sensibilisieren, ihre Stimme wieder entspannt und unangestrengt  einzusetzen und somit zu einer physiologischen Stimmverwendung beitragen.

Selektiver Mutismus
Fast jedes Kind zeigt sich in ungewohnten sozialen Situationen einmal schüchtern, spricht nicht auf Anhieb oder gar nicht mit einer fremden Person. Den meisten Kindern gelingt es jedoch, nach einem gewissen Zeitraum diese Phase zu überwinden. Kindern, die sich trotz einer langen Eingewöhnungszeit in alltäglichen Umfeldern nicht öffnen und die weiterhin in diesen Situationen oder bei bestimmten Personen schweigen, obwohl sie grundsätzlich in der Lage sind, zu sprechen und dieses in vertrauten Umgebungen auch unbefangen tun, kann logopädische Therapie Möglichkeiten und Wege eröffnen, mit dieser Störung umzugehen und dieses Verhalten zu überwinden.

Lese-Rechtschreib-Störungen (LRS)
Die Lese- und Schreibfähigkeit entwickelt sich in den ersten beiden Schuljahren sehr schnell. Diese Lernfortschritte sind individuell sehr unterschiedlich und auch abhängig von verschiedenen Lehrmethoden.  Daher ist es schwierig, schon früh eine Abweichung vom „normalen“ Schriftspracherwerb festzustellen. In dieser Phase können jedoch bereits Risikofaktoren ermittelt werden, die auf eine mögliche spätere Lese-Rechtschreib-Störung hinweisen. So kann ein Kind mit LRS bereits vor dem Schuleintritt durch Defizite auffällig werden, wie z.B. durch eine Sprachentwicklungsstörung (siehe weiter oben). Auch Einschränkungen im Bereich der sogenannten Vorausläuferfähigkeiten (z.B. Silbenklatschen oder Reimwörter bilden, bzw. Reime erkennen) können auf beginnende Schwierigkeiten beim Lese- und Rechtschreiberwerb hinweisen. Die logopädische Therapie bietet hier neben einer frühen Diagnostik und Einschätzung der Vorausläuferfähigkeiten auch die Möglichkeit, diese zu trainineren und zu verbessern. Gleichzeitig aber gilt: Lesen wird durch Lesen und Schreiben durch Schreiben gelernt. Eine logopädische Therapie sollte bei Schulkindern also nach einer ausführlichen Diagnostik direkt bei der Schriftsprache ansetzen.